Reinhard Mey
Es ist doch ein friedlicher Ort
Wenn ich die Schreckensbilder seh' von Coventry und Rotterdam
Von Nagasaki und Berlin, von Dresden und Hiroshima
Wenn ich in alten Wochenschau'n die Flugzeuge aufsteigen seh'
Die ihre abscheuliche Fracht abwerfen in ein fernes Ziel
Dann wird mir der Motorenklang zu einem widerlichen Lärm
Empfinde ich Trauer und Scham, dann ist mein Sinn zu Tod betrübt
Es ist doch ein friedlicher Ort
Dort oben, eine Welt weit fort
Von Hass und Zorn, einsam und frei auf Silberschwingen
Wie kann es dann nur möglich sein
Dass sie vom Himmel Feuer spei'n
Und tausendfachen Tod und Qualen bringen
Mit Ikarus und Dädalus, mit Leonardo haben wir
Solange, wie's uns Menschen gibt, den Traum vom Fliegen mitgeträumt
Und kaum hat sich der Wunsch erfüllt, der uns der Freiheit näherbringt
Missbrauchen wir schon das Geschenk als Waffe und als Mordwerkzeug
Und wenn ich seh', was Menschen nun damit gemacht haben bis heut'
Und was sie damit Menschen tun, dann bin ich nicht stolz, Mensch zu sein
Es ist doch ein friedlicher Ort
Dort oben, eine Welt weit fort
Von Hass und Zorn, einsam und frei auf Silberschwingen
Wie kann es dann nur möglich sein
Dass sie vom Himmel Feuer spei'n
Und tausendfachen Tod und Qualen bringen
Bedenkt ihr, die ihr heut' aufsteigt in waffenstarrendem Gerät
Dass ihr die Bomben werfen müsst, fragt euch, ob ihr das wirklich wollt
Bedenkt, ihr habt es in der Hand, zuletzt liegt es an euch allein
Dass sich das Erbe Ikarus' nie und nie mehr mit Blut befleckt
Bedenkt, das Glück des Fliegens ist doch eine Gnade, ein Geschenk
Das uns menschlicher machen muss und nicht mit Schuld einhergeh'n kann
Es ist doch ein friedlicher Ort
Dort oben, eine Welt weit fort
Von Hass und Zorn, einsam und frei auf Silberschwingen
Wie kann es dann nur möglich sein
Dass sie vom Himmel Feuer spei'n
Und tausendfachen Tod und Qualen bringen