Reinhard Mey
Im Hotel zum ewigen Gang der Gezeiten
[Songtext zu „Im Hotel zum ewigen Gang der Zeiten“]
[Strophe 1]
Im Hotel zum ewigen Gang der Gezeiten
Hoch überm Kliff mit den Fenstern zur See
Warten sie wortlos, die Blicke entgleiten
In ziellose Weiten, sie sitzen in Lee
Geborgen, geschützt in winzigen Nischen
Die Schar alter Kinder auf Klassenfahrt
Jedes für sich an winzigen Tischen
Die Gesten in stillem Lächeln erstarrt
Verirrte Seelen, schiffbrüchig, gestrandet
Auf dem verwunschenen Eiland gelandet
Im alten ehrwürdigen Haus überm Meer, uh
Lange her
[Strophe 2]
Im Hotel zum ewigen Gang der Gezeiten
Saßen sie immer schon, Blick auf den Strand
Die Herren in Blazern und Bootsschuh'n
Und weiten Hosen, den Panamahut in der Hand
Die Damen in schneeweißen, wehenden Roben
Mit schimmernden Perlen auf schimmernder Haut
Kinder im festlichen Sonntagsstaat toben
Durch Halle und Flur, ausgelassen und laut
Am Boden die Spuren von sandigen Füßen
Und Lachen und Nicken und Winken und Grüßen
Im stolzen, prächtigen Haus überm Meer, uh
Lange her
[Strophe 3]
Die Kinder sind fern, in geschäftigen Welten
Sie kommen nicht mehr oder ungern und selten
Die Freunde von damals sind lange verschollen
Die fröhlichen Tischnachbarn fort und es trollen
Die schneidigen Kellner sich müde und grau
„Bitte, der Herr, danke, gnädige Frau“
Im Hotel zum ewigen Gang der Gezeiten
Den Blick in die stürmische Regennacht
Warten sie stumm, Mädchenhände bereiten
Die Tische voll Hingabe und mit Bedacht
Als gäb' es eins jener vergangenen Feste
Als wär's ein gediegenes nächtliches Mahl
Für die handvoll vergess'ner, erloschener Gäste
Der Maître durchschreitet würdevoll den Saal
Inmitten des Klirrens der Teller und Messer
Inmitten der schweigsamen, emsigen Esser
Bleibt nur ein einziger Tisch immer leer
Bitte sehr, uh
[Outro]
Die Saaltür schwingt auf
Und die Saaltür schwingt zu
Und ein Luftzug raunt leise, uh
Der Nächste bist du