Reinhard Mey
An meinen Bleistift
[Songtext zu „An meinen Bleistift“]
[Strophe 1]
Du liegst so leicht in meiner Hand und ich schreibe mit dir
Mit deiner dunklen Seele meine Verse auf's Papier
Das haben du und ich wohl schon viel hundert Mal getan
Schon manche Zeile sind wir zwei ein merkwürdiges Gespann
Du wirst zu meinen Liedern und du verzehrst dich für mich
Zeit für ein Dankeschön, heut schreib ich eins mit dir für dich
[Strophe 2]
In langen, bangen Stunden hab' ich an dir rumgekaut
Hab' dir an mir verzweifelnd meine Ängste anvertraut
Doch irgendwann ist immer ein Gedanke aufgeblitzt
Ich hab' dich stumpf geschrieben und dich wieder angespitzt
Und hab' ich mich vergaloppiert und schrieb ich wie im Trance
Ließt du dich ausradier'n und gabst mir eine zweite Chance
[Strophe 3]
Verschwiegener, guter Gefährte meiner Einsamkeit
Es zieht sich deine Fährte durch meine Lebenszeit
Mal hart, mal weich, mal traurig, mal Güte und mal Gift
Schwermütig oder zärtlich, wie der Herr, so der Stift
Und manchmal wie besessen, schrieb ich die ganze Nacht
Und du hast unermüdlich gute Mine dazu gemacht
[Strophe 4]
Mein grün-weiß längsgestreifter Freund, du hast dich aufgebraucht
Hast dein ganzes Graphit in meinen Fingern ausgehaucht
Und wenn mein alter Bleistifthalter dich auch nicht mehr hält
Dann heißt's wohl Abschied nehmen, Stummel, so ist die Welt
Ich werd dich nicht vergessen, im Lied lebst du ja fort
Mit deinem Duft von Zedernholz, hab' Dank für jedes Wort