Reinhard Mey
Einundsiebzigeinhalb (71 1/2)
Einundsiebzigeinhalb
Was ist aus alldem geworden, Was ich mir am Neujahrsmorgen Ganz fest vorgenommen hab'? Einundsiebzigeinhalb
Wieviel hab' ich unterdessen Von den Vorsätzen vergessen, Von Versprechen, die ich gab

Ein paar Dutzend leere Flaschen Stehen noch auf dem Balkon, Eingepackt in Plastiktaschen
Die ich doch seit Neujahr schon Längst zum Kaufmann tragen sollte, Legen Zeugnis davon ab
Was ich alles tun wollte, Und doch nicht getan hab'

Einundsiebzigeinhalb
Was ist aus alldem geworden, Was ich mir am Neujahrsmorgen Ganz fest vorgenommen hab'? Einundsiebzigeinhalb
Wieviel hab' ich unterdessen Von den Vorsätzen vergessen, Von Versprechen, die ich gab

Manchmal find' ich noch im Zimmer Ein Konfetti oder zwei
Und dann fällt mir auf, noch immer Ist, was einst gegoss'nes Blei
Mir verhieß, nicht eingetroffen: Reichtum ward mir prophezeit;
Bis der kommt, bleibt nur zu hoffen, Dass mir jemand etwas leiht

Einundsiebzigeinhalb
Was ist aus alldem geworden, Was ich mir am Neujahrsmorgen Ganz fest vorgenommen hab'? Einundsiebzigeinhalb
Wieviel hab' ich unterdessen Von den Vorsätzen vergessen, Von Versprechen, die ich gab

Ein paar alte Neujahrskarten
Find' ich bei der Inventur
Freunde, die auf Antwort warten;
Heut' nach schreib' ich, Punkt zwölf Uhr: Eine gute zweite Halbzeit
Und ein gutes altes Jahr
Werde, was Ihr Euch wünscht Wirklichkeit, Bis zum 1. Januar!
Einundsiebzigeinhalb
Was ist aus alldem geworden, Was ich mir am Neujahrsmorgen Ganz fest vorgenommen hab'? Einundsiebzigeinhalb
Wieviel hab' ich unterdessen Von den Vorsätzen vergessen, Von Versprechen, die ich gab