Julia Engelmann
Schlechtestestestester Tag
[Prolog]

Mir ist schlecht, und alles dreht sich,
ich willcweg, aber das geht nicht.
Denn ich sitz in diesem Käfig
ohne Licht, und ich versteh's nicht.
Also leg ich mich jetzt hin.
Und erst wenn ich woanders bin,
steh ich auf oder beweg mich.

[Der Tag]

Oh Bode, kalter Boden,
du ziehst mich magisch an,
ziehst mich in deinen Bann.
Du wirfst mich aus der Bahn,
bis ich nicht anders kann.
Jetzt kleb ich an dir dran
und bin das Gegenteil von oben.

Ja, heute ist der schlechtestestesteste Tag,
der tiefste Tiefpunkt, den es jemals gab.
Ich hänge in den Seilen, ich hänge im Quark,
bergauf ist so schwer, also gehe ich bergab.

Ich meinem Leben hat sich echt seit Tagen nicht getan.
Soll heißen: Ich hab einfach nur gegammelt
und geschlafen,
und ich hab mich viel bedauert,
denn ich finde vieles tragisch.
Und das ist das Resultat: Gar nichts.
Und sagt man nicht,
"die Wohnung ist der Spiegel deiner Seele"?
Also wenn ich mich hier umschaue,
dann bin ich ein Haufen Elend:
Ein Jenga-Teller-Turm macht
dem Geschirrschrank Konkurrenz,
und müsste ich Kühlschrankreste essen,
gäbe es angeranzen Senf.
Hier probt "We love the Mess",
meine Ein-Mann-Indie-Band,
aber Lieder spielen wir nicht,
also falls ihr as jetzt denkt.
Wir spielen "Consume Diem!"-
"Verschwende den Tag!"

Wir sind fauler als ein Sloth,
der in 'ner Hängematte harzt,
Und mit "wir" meine ich "mich",
bloß im Pluralis Majestatis,
denn außer meiner Sprache protzt
und schillert hier so gar nichts.
Guck mal, 'ne Banananschale!
Fast wie bei Mario Kart!
Und auf den Fliesen liegt 'ne Art
Klamotten-Klicklaminat.
Oder liegt unter dem Zeug Teppich?
Keine Ahnung, ich erkenn's nicht.
Meine Wohnung? Die versteckt sich
nämlich hinter all dem Kram.
Ja, das Chaos hier ist sicherlich
der Spiegel meiner Seele.
Aber das hab ich ja eh gewusst:
Ein bin gerade ein Haufen Elend.
Du sagst, das liegt an mir?
Davon will ich gar nichts wissen!
Ich finde echt, du könntest mich
mal etwas unterstützen!
Zum Beispiel auch mit Mitleid
für mein besseres Gewissen.
Dann würde es mir leichter fallen,
mich darum zu drücken,
das Ruder in die Hand zu nehmen,
der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.
Denn das ist nicht schön, kein bisschen,
das will ich echt nicht machen müssen.

Die Wahrheit ist:
Das Chaos in mir und das um mich
habe ich allein gemacht.
Und die Strukturen, die ich hatte,
hab ich mich allein gebracht.
Ich falle, und ich frage noch:
"Wann fängt mich jemand auf?"
Dabei lieg ich schon längst
auf dir, oh kalter Boden, drauf.
Ich hab mich gehen lassen -
so wie ein Hefeteig im Grunde.
Ichhab mich hängen lassen -
so wie Miley Cyrus ihre Zunge.
Ich hab diesen Zustand erschaffen,
doch keine weitere Stunde habe ich dafür
noch einen letzen Funken Geduld.
Ich resette mein Leben auf null.
Schluss mit Gammeln, Schluss mit Jammern,
Schluss mit Warten, Schluss mit Harzen
und Schluss mit dem Elend, der Haufen kommt weg.
Meine Band bekommt auch einen besseren Namen,
sie heißt jetzt " We Clean Up the Mess".

Wenn das der schlechtestestesteste Tag ist,
der tiefste Tiefpunkt, den es je gab,
ist das Ende vom Ende auch immer ein Start,
ab jetzt geht's bergauf, weiter geht's nicht bergab.

[Epilog]

Mir ist schlecht und alles dreht sich,
ich will weg, aber das geht nicht.
Denn ich sitz in diesem Käfig
ganz alleine und versteh's nicht.
Doch dann geht mir ein Lichtlein auf:
Ich kann die ganze Zeit schon raus.
Der Käfig um mich war der Käfig in mir,
und darum gehe ich durch die offene Tür.
Mal sehen, was die Welt so taugt.