Kurt Weill
Der Abschiedsbrief
[Strophe 1]
Zwei Stunden sitz' ich schon im Café Bauer
Wenn Du nicht willst, dann sag mir's in's Gesicht
Deswegen wird mir meine Milch nicht sauer
Ich pfeif' auf Dich, mein Schatz, na schön, denn nicht
Du brauchst nicht denken, daß ich Dich entbehre
Mit dem Verkehr mit mir, das ist jetzt aus!
Auch ich hab' so etwas wie eine Ehre
Laß Dich nicht blicken, Schatz
Laß Dich nicht blicken, Schatz, sonst fliegst Du 'raus!

[Refrain]
Du bist der Erste nicht, der so verschwindet
Das hab' ich nicht an Dir verdient, mein gutes Kind!
Du glaubst doch nicht daß sich nicht noch ein And'rer findеt?
Es gibt noch welche, die bеquemer für mich sind

[Strophe 2]
Ich hab' das Grüne an aus Poppelin
Das Loch d'rin hast Du auch hineingerissen
Du weißt, es reicht mir nur bis zu den Knien
Ich hab' auch noch ein angefang'nes Kissen
Das solltest Du am Heil'gen Abend kriegen
Das ist nun aus, und mir auch einerlei
Es werden öfters Andre darauf liegen
Denn was vorbei ist, Schatz
Denn was vorbei ist, Schatz, das ist vorbei!
[Refrain]
Du bist der Erste nicht, der so verschwindet
Das hab' ich nicht an Dir verdient, mein gutes Kind
Du glaubst doch nicht, daß sich noch ein And'rer findet?
Es gibt noch welche, die bequemer für mich sind

[Strophe 3]
Ich bin nicht stolz, auch wär das nicht am Platze
Wenn Du was übrig hast, dann schick' es schnell!
Mir gegenüber feixt ein Herr mit Glatze
Das ist der Chef von Engelhorns Hotel!
Na Schluß! Das Vis-a-vis von gegenüber
Fragt, ob ich wollte, denn er möchte schon
Der hat Moneten, so ein alter Schieber
Behalt dein Geld
Behalt dein Ged, und schlaf allein, mein Sohn

[Refrain]
Auch Du bist einer von die feinen Herrn
Der Alte kommt, er nimmt mich zu sich mit!
Rutsch mir den Buckel lang! Und hab' mich gern!
Von ganzem Herzen, Deine Erna Schmidt