Friedrich Schiller
Vorwurf An Laura
Mädchen, halt – wohin mit mir du Lose?
Bin ich noch der stolze Mann? der Grose?
Mädchen, war das schön?
Sieh! Der Riese schrumpft durch dich zum Zwerge,
Weggehaucht die aufgewälzten Berge
Zu des Ruhmes Sonnenhöhn.
Abgepflücket hast du meine Blume,
Hast verblasen all die Glanzfantome
Narrentheidigst in des Helden Raub.
Meiner Plane stolze Pyramiden
Trippelst du mit leichten Zefyrtritten
Schäkernd in den Staub.
Zu der Gottheit flog ich Adlerpfade,
Lächelte Fortunens Gaukelrade,
Unbesorgt wie ihre Kugel fiel.
Jenseits dem Kozytus wollt’ ich schweben,
Und empfange sklavisch Tod und Leben,
Leben, Tod von einem Augenspiel.
Siegern gleich, die wach von Donnerlanzen
In des Ruhmes Eisenfluren tanzen
Losgerissen von der Frynen Brust,
Wallet aus Aurorens Rosenbette
Gottes Sonne über Fürstenstädte,
Lacht die junge Welt in Lust!
Hüpft der Heldin noch dis Herz entgegen?
Trink ich, Adler, noch den Flammenregen
Ihres Auges das vernichtend brennt?
In den Bliken die vernichtend blinken
Seh ich meine Laura Liebe winken,
Seh’s, und weine wie ein Kind.
Meine Ruhe, gleich dem Sonnenbilde
In der Welle, wolkenlos und milde,
Mädchen hast du hingemordt.
Schwindelnd schwank ich auf der gähen Höhe,
Laura? – wenn mich – wenn mich Laura flöhe?
Und hinunterstrudelt mich das Wort.
Hell ertönt das Evoe der Zecher,
Freuden winken vom bekränzten Becher,
Scherze springen aus dem goldnen Wein.
Seit das Mädchen meinen Sinn beschworen,
Haben mich die Jünglinge verloren,
Freundlos irr ich und allein.
Lausch ich noch des Ruhmes Donnergloken?
Reizt mich noch der Lorbeer in den Loken?
Deine Leyr Apollo Zynthius?
Nimmer, nimmer wiederhallt mein Busen,
Traurig fliehen die beschämten Musen,
Flieht Apollo Zynthius?
Will ich gar zum Weibe noch erlahmen?
Hüpfen noch bei Vaterlandes Namen
Meine Pulse lebend aus der Gruft?
Will ich noch nach Varus Adler ringen?
Wünsch ich noch in Römerblut zu springen,
Wenn mein Hermann ruft? –
Köstlich ists – der Schwindel starrer Augen,
Seiner Tempel Weihrauchduft zu saugen,
Stolzer, kühner schwillt die Brust. –
Kaum erbettelt izt ein halbes Lächeln
Was in Flammen jeden Sinn zu fächeln
Zu empören jede Kraft gewußt. –
Daß mein Ruhm sich zum Orion schmiegte,
Hoch erhoben sich mein Name wiegte
In des Zeitstroms woogendem Gewühl.
Daß dereinst an meinem Monumente
Stolzer thürmend nach dem Firmamente
Chronos Sense splitternd niederfiel –
Lächelst du? – Nein! nichts hab ich verloren!
Stern und Lorbeer neid ich nicht den Thoren,
Leichen ihre Marmor nie –
Alles hat die Liebe mir errungen,
Ueber Menschen hätt’ ich mich geschwungen,
Izo lieb ich sie!