Heinrich Heine
Zeitgedichte - Kapitel 31
                                                         31.
                                              Unsere Marine.
                                          Nautisches Gedicht.

    Wir träumten von einer Flotte jüngst,
Und segelten schon vergnüglich
Hinaus aufs balkenlose Meer,
Der Wind war ganz vorzüglich.

    Wir hatten unsern Fregatten schon
Die stolzesten Namen gegeben;
Prutz hieß die eine, die andre hieß
Hoffmann von Fallersleben.

    Da schwamm der Kutter Freiligrath,
Darauf als Puppe die Büste
Des Mohrenkönigs, die wie ein Mond
(Versteht sich, ein schwarzer!) grüßte.

    Da kamen geschwommen ein Gustav Schwab,
Ein Pfizer, ein Kölle, ein Mayer;
Auf jedem stand ein Schwabengesicht
Mit einer hölzernen Leier.

    Da schwamm die Birch-Pfeiffer, eine Brigg,
Sie trug am Fockmast das Wappen
Der deutschen Admiralität
Auf schwarz-roth-goldnem Lappen.

    Wir kletterten keck an Bugspriet und Raan
Und trugen uns wie Matrosen,
Die Jacke kurz, der Hut betheert,
Und weite Schifferhosen.

    Gar Mancher, der früher nur Thee genoß
Als wohlerzogener Ehmann,
Der soff jetzt Rum und kaute Taback,
Und fluchte wie ein Seemann.

    Seekrank ist Mancher geworden sogar,
Und auf dem Fallersleben,
Dem alten Brander, hat Mancher sich
Gemüthlich übergeben.

    Wir träumten so schön, wir hatten fast
Schon eine Seeschlacht gewonnen –
Doch als die Morgensonne kam,
Ist Traum und Flotte zerronnen.

    Wir lagen noch immer im heimischen Bett
Mit ausgestreckten Knochen.
Wir rieben uns aus den Augen den Schlaf,
Und haben gähnend gesprochen:

    »Die Welt ist rund. Was nützt es am End',
Zu schaukeln auf müßiger Welle!
Der Weltumsegler kommt zuletzt
Zurück auf dieselbe Stelle.