Reinhard Mey
All’ meine Wege
Doch, sicher, ab und zu mach' ich mir schon Gedanken
Manchmal sogar les' ich mir selber aus der Hand
Um zu erfahr'n, was ich längst weiß, denn meine Schranken
Und meine Fehler, glaub' mir, sind mir gut bekannt
Und ich weiß auch, dass ich genau dieselben Fehler
Wieder und wieder machen musste, und ich seh'
All' meine Wege und alle Schritte mussten dahin führ'n, wo ich steh'

Weißt du, ich fand mich oft zu Unrecht angegriffen
Heut' scheint es, dass mich nichts mehr trifft, kaum etwas streift
Ich habe mich an meinesgleichen glattgeschliffen
So, wie das Wasser einen Stein am and'ren schleift
Doch unverwundbar bin ich dadurch nicht geworden
Verschloss'ner nur, und ich geb' wen'ger von mir hin
Alles Gesagte, alles Getane machten mich zu dem, der ich bin

Ich habe oft mit Windmühlenflügeln gefochten
Wohlwissend, dass dabei der Gegner Sieger bleibt
Und gleich, wie reißend die Ströme der Zeit sein mochten
Wehrte ich mich, das Stroh zu sein, das darauf treibt
Ich habe stets geglaubt, das Ruder selbst zu halten
Und fuhr doch nur auf vorbestimmten Bahnen hin
Denn alle Hoffnung und alle Ängste mussten dahin führ'n, wo ich bin

Ich will mich nicht nach Rechtfertigungen umsehen
Ich stell' nur fest, und ich beschön'ge nichts daran
Erst recht verlang' ich nicht von dir mich zu verstehen
Wenn ich mich manchmal selber nicht verstehen kann
Eigentlich, weißt du, wollt' ich immer nur das Beste
Doch es ist ein schmaler, gewund'ner Pfad dahin
Und mancher Zweifel, und manches Irrlicht führten mich dahin, wo ich bin