Reinhard Mey
Das Lied von der Straßenbahn
Seht, dort rattert sie heran
Uns're alte Straßenbahn
Auf der vorgeschriebnen Strecke
Biegt sie pünkltlich um die Ecke
Bremst gemächlich und hält an
Dass man sie besteigen kann

An der Haltestelle steht
Alles was per pedes geht
Frauen, Manner, Kinder, Hunde
Warten hier zu jeder Stunde
Ob es kalt ist oder heiß
Auf die Fahrt zum festen Preis

Knuffen, Puffen, Meckern, Schrei'n
Jeder will der Erste sein
Alle drängeln, schieben, hetzen
Zu beliebten Fensterplätzen
Man verzeih' mir den Vergleich
Grade wie im Himmelreich

Ist der Fahrschein erst gelöst
Liest man die Zeitung oder döst
In den ausgefahr'nen Gleisen
Kann man ganz beruhigt reisen
Denn man weiß, wohin es geht
Weil der Fahrer vorne steht
Oft hat bei der Straßenbahn
Mancher Mensch sich doch verfahr'n
Dann hilft nur noch nachzulösen
Nicht zu schlafen, nicht zu dosen
Denn die Bahn fahrt ja zum Glück
Jede Strecke auch zurück

Alles wäre halb so schwer
Wenn's im Leben auch so wär'
Bei Beschwerden, Nöten, Leiden
Einfach um- und auszusteigen
Und den Weg zurückzufahr'n
Grad wie in der Straßenbahn