Reinhard Mey
Ihr Lächeln
Ihr Lächeln war wie ein Sommeranfang
Unbefangen und bald
Verhangen, sanft wie ein Sonnenaufgang
In regendurchnässtem Wald
Ich hab' nie erraten, wem ihr Lächeln galt
Doch ich wünschte wohl, es galt mir
Und ich gäb' alle Reichtümer, Macht und Gewalt
Für ein Lächeln, ein Lächeln von ihr!

Es war, als gäb' es um uns nicht Raum noch Zeit
Als sie schweigend ihr Haar aufband
Ich hielt sie, und ich hielt die Unendlichkeit
Einen Augenblick lang in der Hand
Ich weiß nicht, wie lang' ein Augenblick währt
Wie ich ihn empfunden hab'
Doch ich gäb', was das Schicksal an Glück mir gewährt
Für den Augenblick, den sie mir gab!

Ihr Haar fiel, als sie neben mir schlief
Wie Strahlen zu Bändern gereiht
Ihr Atem war ruhig, ein Schauer durchlief
Mich wie ein Strom von Zärtlichkeit
Ich weiß nicht, wovon sie geträumt haben mag
Als sie sich an mich schmiegte, allein
Ich hätt' viel drum gegeben, als sie bei mir lag
Um in ihren Träumen zu sein!
Ihr Lächeln, weiß ich, wärmte mich noch lang'
Noch als ich allein mit mir war
Und die Erinnerung in mir klang
Noch lange deutlich und klar
Ich frag' mich, ob sie manchmal an mich denkt
Und ich wünschte, sie wäre bei mir
Ich hätt' all' meine Tage gerne verschenkt
Für den einen, nur einen mit ihr!