-änlässlich meines einjährigen Ich-geh-nicht-mehr-zur-Schule-Jubiläums
Ihr fragt mich, was ich werden will,
ihr sagt mir, es wird jetzt langsam Zeit.
Aber ich weiß doch nicht mal, wer ich bin!
Ich fühle mich noch nicht bereit!
Und Kinder, wie die Zeit vergeht,
eben war ich noch so klein,
Ich will noch nicht erwachsen werden,
ich war grad gewohnt, ein Kind zu sein.
Und ich will nicht an morgen denken,
ich versuch mich abzulenken
und schwelge in Erinnerungen ...
Und plötzlich gehöre ich zu den Leuten,
die Schülern sagen,
sie sollen ihre Schulzeit bloß genießen,
und mir wird klar, wie schön und sorglos
meine Kindheit war:
erstes Wort, Kinderhort,
Zahnlücken, Blumen pflücken,
Kindergarten, Klassenfahrten,
Carrerabahn, in Urlaub fahrn,
Rucksack tragen, Mama fragen,
Flaschendrehen, ins Kino gehen.
Da war das schlimmste Wort der Welt noch "doof",
wer will denn da erwachsen werden?
Kindsein ist ein Ponyhof
Und ich will nicht an morgen denken,
ich versuch mich abzulenken
und rede mir ein:
dass das Erwachsenenleben irgendwann
furchtbar anstrengend und fürchterlich überfordernd ist
und dss ich sowieso nie wieder Freizeit haben werde,
wenn ich erst mal irgendwo immatrikuliert bin!
Dann greift das nämlich alles
wie große ölige Zahnräder ineinander:
erst studieren, promovieren,
Geld verdienen, sich verlieben,
Haus fliesen, Wagen leasen,
Baum pflanzen, fortpflanzen,
Schulranzen und Finanzen,
Burnoutprävention und Benimmkonvention,
Tupperware, Wechseljahre,
Tinnitus und Hexenschuss.
Und eh du dich versiehst,
sind die fetten Jahre schon vorbei!
Aber ich will noch nicht erwachsen werden!
Ich war grad gewohnt, ein Kind zu sein!
Wie soll ich große Entscheidungen treffen,
wenn mir schon Shampoo kaufen zu viel wird?
Wie soll ich für mein Leben verantwortlich sein,
wenn bei mir jede Topfpflanze nach drei Tagen stirbt?
Und ich will nicht an morgen denken.
ich versuch mich abzulenken,
und man sagt ja:
"Die Jungend ist die schönste Zeit!
Da kann man jung sein, da darf man noch jung sein."
Und wenn ich mir überlege, was die Kids heutzutage
alles so machen,
dann ist meine To-do-Liste noch viel zu lang:
dieses sogenannte...
...Chillen, relaxen und Messages texten,
Filme laden, Google fragen,
facebooken, vintage looken,
youtuben, abgrooven,
sich langweilen, gangnamstylen,
dubsteppen, anecken,
Shisha rauchen, Wodka saufen,
drei Tage wach und Führerschein.
Ich will noch nicht erwachsen werden!
Ich will noch auskosten, ein Kind zu sein!
Ich verliere mich, um mich zu finden.
Ich will nicht reden und wenig denken.
Ich lass mich los, um mich festzuhalten,
und gehe weg von mir, um mich abzulenken.
Ich spiele Gitarre oder steh in einem Club,
aber meine Gedanken übertönt das noch nicht.
Ich wünschte, sie würden mal vor mir einschlafen,
dann hätte ich auch mal Zeit für mich.
Und wenn ich mich zu reflektieren versuche,
halte ich mich im Kopf nicht aus.
Wenn ich dann vor mir wegrennen will,
komm ich nicht wirklich aus mir raus.
Und ich will nicht an morgen denken.
ich versuch mich abzulenken,
und dann wird mir klar:
dass morgen längst heute ist
und dass aus lauter Angst vor falschen Entscheidungen
nichts zu machen
die falscheste Entscheidung überhaupt ist.
Und ich frage mich, wie ich denken konnte,
dass mein Leben auf Stand-by ist,
bis ich weiß, wie es genau weitergeht.
Es wird Zeit dafür, dass ich mache,
was ich jetzt gerade will -
unabhängig davon, was ich glaube, wollen zu müssen.
Was ich will?
Was ich will, ist Jugend auf Hormone kommt raus!
Ich will mitnehmen, was geht, ohne schlechtes Gewissen!
Ich hab grad keinen Bock drauf, vernünftig zu sein,
und genaudas will ich jetzt klassisch genießen!
Ich will stürmen und drängen und frühlingserwachen!
Ich will sommernachtsträumen und Freudentränen lachen!
Ich will gegen den Strom zur Quelle schwimmen!
Ich will mein Weltbild neu malen
und meinen Standpunkt bestimmen!
Ich will Neues fühlen, sehen, riechen und schmecken!
Ich will Straßenbahnendhaltestellen entdecken!
Ich will in Melodien denken und Poesie atmen!
Ich will aus meiner Komfortzone raus
Richtung Mutzone starten!
Ich will sein und nicht nicht sein,
und das auch noch glücklich!
Ich will wagen zu wissen, ich WILL SEIN, also bin ich!
Jetzt geh ich mir nicht mehr so schnell aus dem Kopf,
ich lauf nicht mehr so weit, sondern bleibe bei mir.
Und so steigen all meine Chancen rasant,
dass ich mich finde, wenn ich mich verlier.
Und ich habe euch jetzt allen sehr oft gesagt,
dass ich nicht weiß, was ich werden will,
wenn ihr mich gefragt habt.
Und niemand fragt mehr, was ich werden will.
Ich habe also alle Zeit.
Und wer weiß schon sicher, wer er ist?
Ich denke, ich bin bald soweit.
Und Kinder, wie die Zeit vergeht,
jetzt bin ich nicht mehr ganz so klein.
Aber Erwachsenwerden heißt ja nicht,
dass ich aufhören muss, ein Kind zu sein.