Ihr fragt nicht, was ich werden will,
ihr fragt mich, was ich bin.
Wenn ich das nur wüsste.
Vielleicht alles? Nur kein Kind.
Ihr wolltet meine Fantasie,
und mir fiel das Träumen schwer.
Und jetzt wollt ihr meine Wahrheit,
das erschreckt mich noch viel mehr.
Was ich bin?
Ich bin:
mal bei mir, mal zerrissen,
anders und älter, als ich dachte.
Ich bin nicht immer sicher,
ob ich, was ich will, auch schaffe.
Wenn mich jemand sietzt,
will ich immer ganz laut lachen.
Denkt der etwa, ich bin groß?
Das ist kompletter Schwachsinn.
Ich fühl mich manchmal 50,
dann wider 12 bis 18.
Im Schnitt bin ich vermutlich
also wirklich Mitte 20.
Ich würde gern und kann nicht
immer alles richtig machen.
Summa summarum bin ich
allerhöchstens relativ erwachsen...
...genug für einen Rückblick
und die Frage: Bin ich glücklich?
Was will, wer bin ich wirklich?
Was ist alles für mich möglich?
Ich gebe zu, ich hab mir das anders vorgestellt.
Ich dachte, es gibt einen großen magischen Moment,
in dem ich erwachsen werde, wenn ich...
...ohne Hilfe Fahrrad fahr,
vorm Schlafengehen malen darf,
mich in dunkle Keller traue,
meine Eltern nicht mehr brauche,
endlich laut vor anderen rede,
im Supermarkt die Theke sehe,
in die Siebte, in die Neunte,
aus der Schule, an die Uni gehe,
alleine in den Urlaub fahre,
rote Lippen, hohe Schuhe trage,
mich keiner nach dem Ausweis fragt,
ich endlich Wein und Käse mag,
Wohnung, Partner, Spülmaschine,
Trenchcoat, Job und Konto habe.
Und wenn niemand mehr sagt:
"Dafür bist du zu klein."
Wenn ich öfter sage:
"Ich mach das allein."
Doch was ich auch erreiche,
ich hör nicht auf zu zweifeln.
Gar nichts scheint sie zu heilen,
meine Quarterlife-Crisis.
Ich gebe zu, ich bin verunsichert,
weil alle anderen all das zu sein scheinen,
was ich gerne wäre, aber nicht bin...
Ich hab nur kurz runtergeguckt,
meine Schnürsenkel gebunden.
In diesen Sekunden haben
sich alle um mich herum gefunden.
Plötzlich feiern alle Hochzeit,
ziehen zusammen, kriegen Kinder.
Und ich schlaf mit meinen Laptop,
kann nicht flirten, kann nicht hindern.
Alle machen ihren Master,
wirken plötzlich so gesettelt.
Ich konnte währenddessen
zu 'nem Mittelscheitel wechseln.
Ich habe genau dieselben Krisen,
die mich mit 14 genervt haben.
Ich frag mich gerade ernsthaft,
ob ich gar nichts gelernt habe.
Ich arbeite schon lange,
doch es fühlt sich nicht so an.
Ich bin immer noch dabei,
meine Zukunft durchzuplanen.
Langsam hebt sich der Verdacht,
dass das für immer so bleibt,
dass ich mich frage, was mal wird,
bis an das Ende meiner Zeit.
Vielleicht bin ich ja auch glücksimmun?
Was, wenn ich das gar nicht kann?
Wenn ich nicht ankomme und finde,
wofür eigne ich mich dann?
Jeden Tag erstelle ich Listen,
es gibt so vieles, was ich müsste.
Sosehr ich das Gefühl vermisse:
Ich bin auch nicht mehr die Jüngste.
Ich fühle mich so allein damit,
dass ich nicht weiß, wie man lebt,
doch immer wieder stell ich fest,
dass es auch anderen so geht.
Ich bin mir nicht sicher, was mich mehr verwirrt:
die Vorstellung, dass alle es wissen außer mir,
oder die Vorstellung, dass niemand es weiß?
Da beißt sich die Katze in den Schwanz!
Alle denken, sie müssten alles wissen,
und deshalb tut jeder so als ob,
und dann sieht jeder nur andere,
die scheinbar alles wissen.
Deshalb sage ich das jetzt laut:
Ich weiß nicht, wie man lebt.
Aber das macht nichts.
Weil Leben keine gerade Linie ist
und auch nie so gedacht war.
Und weil ich stolz auf alles bin,
was ich bisher schon geschafft habe.
Vielleicht bin ich längt erwachsen, wenn
...die Krisenphasendauer sinkt,
die Selbstwirksamkeit ansteigt,
ich dazu stehe, wie ich bin,
an Lösungswegen dranbleiben,
ich geliebt werde und liebe,
Neugier hab und Ziele,
Verantwortung alleine trage,
Kummer durchgestanden habe,
wenn ich unabhängig bin
oder wenigstens ein bisschen,
wenn ich sie selber schreibe,
meine eigenen Geschichte,
wenn ich loslasse zu denken,
dass ich irgendwie perfekt bin,
und wenn ich plötzlich proaktiv,
optimistisch und im Jetzt bin.
Ist das nicht merkwürdig?
Es gibt Dinge, die ändern sich nie,
egal, wie sehr ich danach strebe,
und Dinge, die längst anders sind,
während ich das übersehe.
Ich wachse aus meinen alten Träumen raus,
das fällt mir manchmal schwer.
Dafür mag ich meine Wahrheit:
Vielleicht brauche ich sie nicht mehr.
Ich hab mich lange nicht getraut,
laut zu sagen, was ich bin:
Manchmal glücklich, Mitte 20,
ziemlich vieles, nur kein Kind.
Ich bin zwar noch wie früher,
nur mach ich jetzt andere Sachen.
Und vielleicht macht mich das alles
sogar relativ erwachsen.