Die verdammte S-Bahn platzt
aus allen Fugen und Nähten,
guck mir das endlos an,
das ganze Suchen und Gehen,
der Zug: ein überfülltes Bällebad,
das Gleis: rettender Beckenrand,
gleich Messedamm,
die Kunst ist, hier nicht unterzugehen.

Draußen Straßen-, drinnen Turteltauben,
überall Dreck.
Ich seh kaum Farben, Winterdunkelgrau
ist irgendwie Trend.
Das alte Bodenmuster sieht auch so
sauber aus, als ob's staubig ist.
Im Gesicht von dieser Frau steht:
Leute, ich will hier auch nicht mit.

20 rauchen am Gleis,
13 Kopfhörer drin,
immer einer, der schreit,
immer eine mit Kind.
10 Geschäftsleute hier,
3 mit Rennrad im Gang,
einer telefoniert,
immer eine sucht Pfand.
Viele Augen voll schön,
einige schon halb leer,
viele auf dem Holzweg,
einige nur Heimkehr.
Hier im Vierer mit den Füßen
grad kurz Tetris gespielt.
Ist denn der Durchschnitt der Gerüche
hier das Lebensgefühl?

Und jeder tut so, als ob er jeden anderen nicht sieht,
und jeder tut so, als ob es keinen andere hier gibt.
Und keiner sagt was, dabei gibt es so viel zu sagen,
und keiner fragt was, dabei würd ich so gerne fragen:

Hey, Frau gegenüber, warum guckst du denn weg?
Sag mir, wem du da schreibst, woran du gerade denkst!
Hey, Mann gegenüber, und woran denken Sie?
Vielleicht an Geld oder gar nicht oder an Poesie?

Hey, Kind gegenüber, ist dir das nicht zu laut?
Diese drückende Stille, sag mal, hörst du das auch?
Hey, Paar gegenüber, warum wirkt ihr so hart?
Fahrt ihr gerade in die Uni, kommt ihr aus einer Bar?

Hey, Girl gegenüber, hörst du gerade einen Hit?
Oder 'nen Podcast? Egal, 'ne Station höre ich mit!
Hey, Mensch ohne Schuhe, was suchst du auf dem Gang?
Lebst du hier erst seit Kurzem oder schon viel zu lang?
Die verdammte S-Bahn platzt
aus allen Fugen und Nähten,
guck mir das endlos an,
das ganze Suchen und Gehen,
der Zug: ein überfülltes Bällebad,
das Gleis: rettender Beckenrand,
gleich Messedamm,
die Kunst ist, hier nicht unterzugehen.

Das sind Menschen...
die ich niemals wieder treffen werde,
niemals wieder sprechen werde,
Datenpunkte, die sich kreuzen,
doch niemals verrechnet werden.

Welche mit welchem Lächeln hier
wohl Verbrecher und Gerechte werden?
Ob, wenn wir mehr voneinander lernten,
unsere Welt gerechter wäre?

Habe viel Fragen liegen lassen,
hab nicht geklärt, wer wir sind,
stell mich schon an die Tür ran,
ungeklärt auch: der Sinn.
Guck mir Augen gegenüber an,
ein Mann sagt grad:" Um sieben, Schatz."
Ob man sich hier verlieben kann?
Ich muss raus, Savignyplatz.