Jonwayne
Rezension: Jonwayne - Rap Album One
Jonwayne behandelt sein eigenes Œuvre mit der nüchternen Akribie eines Archivars. Auf die schlicht durchnummerierte „Cassette“-Trilogie folgt nun das ebenfalls vollkommen leidenschaftslos betitelte „Rap Album One“. Auch sein Flow strotzt nicht gerade vor Emotionen, stattdessen klingt der MC und Produzent auf seinem Debütalbum, als betrachte er sein Leben mit der distanzierten Gelassenheit eines Zen-Meisters.

„Falling deeper in a hallucination“, singt Jonwayne in der zweiten Hälfte des Openers „After The Calm“, während dieser sich dank verschwurbelter Sound-Flächen tatsächlich in eine andere Dimension verabschiedet. Doch auch wenn man jetzt vermuten könnte, dass der Produzent und Rapper aus Los Angeles sich auf seinem Debütalbum an psychedelischen Beatbasteleien versuchen würde, liegt der Fokus hier – wie schon der Titel „Rap Album One“ andeutet – auf dem gesprochenen Wort. Der leiernde Gesang des Openers macht außerdem deutlich, dass Jonwayne kein begnadeter Sänger ist und auch kein Händchen für Hooks hat, und so reiht er stattdessen meist Strophe an Strophe, ohne sich von eingängigen Refrains ablenken zu lassen. Auch die Instrumentals bestechen durch einen gewissen Minimalismus, kommen oft mit Kick, Snare, Klavier und allerlei retro-futuristischen Synthies aus. Da verwundert es nicht, dass der Beat zu „You Can Love Me When I’m Dead“ beinahe auf „Doris“ gelandet wäre, wenn sich Earl Sweatshirt nicht kurzfristig dagegen entschieden hätte.

Nicht nur der Minimalismus eint die beiden MCs, auch der gleichgültige Flow Jonwaynes erinnert an das Odd-Future-Talent, entwickelt hier aber nie die hypnotische Sogkraft, mit der Earl den Hörer bei „Hive“ oder „Chum“ gefangen nimmt. „Rap Album One“ bietet mit „The Come Up Pt. 2“ und „Reflection“ zwar einige persönliche Momente, meist dominiert hier aber das genretypische Imponier-Gehabe. Sobald diese Angeberei mit dem Image des nerdigen Außenseiters kollidiert, sorgt das für absurde Brüche, zum Beispiel wenn Jonwayne in „Yung Grammar“ seine „Crew“ vorstellt: „My nouns are and my verbs do things, and my adjectives snitch while my adverbs sing/ My prepositions will let you know where I’m at and when I’m there, these pronouns will lend a voice to the cat.“ Völlig aus dem Rahmen fällt „The Come Up Pt.1“, das mit souligem Vocal-Sample und Bläsern eher an den Kanye West der „Late Registration“-Phase erinnert und bei dem Scoop Deville (der einzige Gast-MC des Albums) etwas fehl am Platz wirkt. Nachdem sein Gastauftritt bei Geoff Barrows Quakers und seine Mixtape-Trilogie die Erwartungen mächtig anheizten, enttäuscht „Rap Album One“ ein wenig – hinterlässt beim Hörer aber glücklicherweise nicht die Gleichgültigkeit, die Jonwayne ausstrahlt.