Hiob
Müllschlucker
[1. Strophe]
Die Schatten hockten betäubt vorm Supermarkt
Auf dem Sims schliefen die Tauben
Und die Wolken trugen Schwarz
Die Nacht warf ihren Schleier über den nassen Asphalt
Hörst du das Echo des Tags, wie’s in den Gassen verhallt?
Und hinter den Mauern ein Wimmern
Erdrückt von der Stille der Nacht
Sie flüstert Märchen und schüttet Milch in den Schacht
Ja, sie bröselt Kuchen in die Luke am Ende Flurs
Und stürzt den Fusel gegen den brennenden Durst
Wie viele Jahre wiederholt sie dieses schaurige Spiel
Wenn der Winter der kargen Landschaft sein Laune diktiert
Verborgen da unten im Schacht
Jenseits vom Angesicht dieser Welt
Gärte die Schuld zwischen den Küchenabfällen

[2. Strophe: Hiob]
Und leise rieselt der Schnee in dieser Heiligen Nacht
Und legt sich über die Risse der dunklen Seite der Stadt
Risse so tief wie die Falten in ihrem bleichen Gesicht
Doch heute hat sie die Küche mit Fichtenzweigen geschmückt
Sie lebt alleine mit sich, und doch kocht sie für Zwei
Wendet den Braten im Ofen und stampft Kartoffeln zu Brei
Wie viele leidige Wochen hat sie Geschenke verpackt
Hat Pfefferkuchen gebacken und Weihnachtskränze gemacht
Im Tempel läutet die Glocke, die Sorgen fahren empor
Aus Omas hölzernen Kasten trällert der Radiochor
Doch vor dem großen Finale kriecht sie den Boden entlang
Verfolgt von düsteren Schatten an ihrer Wohnzimmerwand
Sie kauert vor dem Müllschlucker, wie ein wütender Hund
Und wirft die heiligen Gaben in seinen gierigen Schlund
Schon ist die schwedische Kiefer in blaue Säcke verfüllt
Das ganze schöne Lametta wandert direkt in den Müll