Gerhard Schöne
Altersheim
"Komm' Sie rein, na kommen Sie
Ich bin Schwester Annelie
Das ist also ihre Mutter
Na, dann wolln wir uns mal umschaun
Hier im Flur sind die Toiletten
Alles Zimmer mit zwei Betten
Ein paar Bilder und ein Sessel
Dürfen mitgenommen werden
Das ist unser Kätchen Schnirkel
Die macht Mittwochs Häkelzirkel
Ja, so lustig ist die immer
Kätchen, geh mal auf dein Zimmer."

"Mama, das ist doch wirklich was für dich
Prima! Na, hier gefällt's dir sicherlich
Mama!"

"Hier im Klubraum wird bis zehn
Jeden Abend ferngesehn
Und am Sonntag ist Besuchszeit
Gell, da freun Sie sich schon jetzt drauf
Manche sind ja nicht ganz reinlich
Deshalb riecht es hier wahrscheinlich
Noch nach Formalin vom Wischen
Das ist alles nur Gewöhnung
Hier ist ihre Zimmernummer
Da im Bett schläft Frau Kummer
Die schweigt schon seit ein paar Tagen
Na, sie werden sich schon vertragen."
"Mama, nun sag doch, dass es dir gefällt
So schön hab ich mir's gar nicht vorgestellt
Mama!"

"Unser Haus ist abgelegen
Diese Ruhe ist ein Segen
Na, nun schaun Sie aus dem Fenster
Ist das nicht ein schöner Rasen?
Keine Kinder, die sie stören
Überhaupt kein Mucks zu hören
Höchstens wenn der Müll geholt wird
Doch das werden Sie verkraften
So, das wär's. Haben Sie noch Fragen?
Gell, ich darf doch Omi sagen?
Na, wer wird denn plötzlich weinen?
Alles prima, will ich meinen."

"Mama, jetzt ist es höchste Zeit für mich
Kopf hoch und halt die Ohren steif, versprich!
Mama!"