Johann Wolfgang von Goethe
Klaggesang
So singet laut den Pillalu
Zu mancher Träne Sorg’ und Not:
Ochorro orro ollalu!
O weh, des Herren Sohn ist tot!

Zu Morgen, als es tagen wollt’
Die Eule kam herbeigeschwirrt
Rohrdommel Abends tönt im Rohr
Ihr nun in toter Wüste irrt:
Och orro orro ollalu

Und sterben du? warum, warum
Verlassen deiner Eltern Lieb’?
Verwandten Stammes weiten Kreis?
Den Schrei des Volkes hörst du nicht:
Och orro orro ollalu

Und scheiden soll die Mutter, wie
Von ihrem Liebchen schön und süß?
Warst du nicht ihres Herzens Herz
Der Puls der ihm das Leben gab?
Och orro orro ollalu

Den Knaben läßt sie weg von sich
Der bleibt und west für sich allein
Das Frohgesicht, sie sieht’s nicht mehr
Sie saugt nicht mehr den Jugendhauch
Och orro orro ollalu
Da sehet hin an Berg und Steg
Den Uferkreis am reinen See
Von Waldesecke, Saatenland
Bis nah heran zu Schloß und Wall
Och orro orro ollalu

Die Sommernachbarn dringen her
Mit hohlem Blick und Atem schwer;
Sie halten an und schlängeln fort
Und singen Tod im Totenwort:
Och orro orro ollalu

So singet laut den Pillalu
Und weinet was ihr weinen wollt!
Och orro orro ollalu
Der einz'ge Sohn des Herrn ist fort