Johann Wolfgang von Goethe
Der König von Thule
Es war ein König in Thule
Gar treu bis an das Grab
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab
Es ging ihm nichts darüber
Er leert ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über
So oft er trank daraus
Und als er kam zu sterben
Zählt’ er seine Städt’ im Reich
Gönnt alles seinen Erben
Den Becher nicht zugleich
Er sass beim Königsmahle
Die Ritter um ihn her
Auf hohem Vätersaale
Dort auf dem Schloss am Meer
Dort stand der alte Zecher
Trank letzte Lebensglut
Und warf den heilgen Becher
Hinunter in die Flut
Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer
Die Augen täten ihm sinken;
Trank nie einen Tropfen mehr