Hildegard Knef
Ferienzeit
Heute kamen sie vom Mond zurück, ein Fallschirm ging nicht auf; der Dollar fällt, der Dollar steigt, Föhn hängt zwischen Bergen. Touristen schleichen, zeigen Sonnenbrand, sitzen beim Kurkonzert, essen Eis, schreiben Karten; unsere Möbel sind noch immer auf dem Speicher, wo gehört man hin?

Ferienzeit, Löwezeit, August, nichts für mich, diese lahme, lähmende Ferienzeit...

Man geht spazieren, liest die Zeitung: Tote auf der Autobahn, Tote in Pakistan, ein Flugzeug abgestürzt, Minister erholen sich; in München wird Fasching sein, war ein Bankeinbruch, gab es Tote, wird Olympia sein...

Ferienzeit, Löwezeit, August, nichts für mich, diese lahme, lähmende Ferienzeit...

Sie langweilen sich, die acht oder zehn, die an der Seilbahn stehen, langweilen sich und werfen Steine, werfen Steine um Mädchenbeine, um Mädchenkopf, acht oder zehn, die keinen Krieg gesehen, empörte Wohlgenährte werfen Steine am dritten Morgen des Wassermannjahrtausends, des Zeitalters. Auserwählte schreien gegen Berge an, verstörte Ungehörte, die inmitten Luftverschmutzung die Benutzung ebensolcher noch nicht aufgegeben. Der Dollar fällt, der Dollar steigt, Inflation, Stagflation, man weiß es schon...

Ferienzeit, Löwezeit, August, nichts für mich, diese lahme, lähmende Ferienzeit...

Christina, drei Jahre alt, spielt ihre Platten, da schmiedet der Schmied das Eisen, und Safran macht den Kuchen gelb. Christina, drei Jahre, wird nichts wissen vom Mann im Mond. Jemand weiß aus zuverlässiger Quelle, dass die alte Welle von der neuen abgelöst. Man ermahnt und ist dagegen, doch entgegen jeder Sorge ist dies keineswegs verwegen, solang du noch am dritten Morgen des Wassermannzeitalters schläfst...

Ferienzeit, Löwezeit, August, nichts für mich, diese lahme, lähmende Ferienzeit...

Christina schläft in der Kühle der Berge, nicht so fern von der Hitze New Yorks, die über kleiner werdendem Meer zu uns kommt; morgen, dritter Morgen des Wassermannjahrtausends, was bringen wir dir, außer unsrer Ferienzeit?